Leben

Ulrich Pietzsch ist der Sohn eines Angestellten und Kleinhändlers und einer Hausfrau. Von 1943 bis 1951 besuchte er Schulen in Oberwartha und Cossebaude. Anschließend absolvierte er eine Landwirtschaftslehre in Ebersbach und Pillnitz.

Mit 13 Jahren war er Opernliebhaber geworden und konnte noch unter Rudolf Kempes Stabführung die gesamte Sängerelite der Dresdner Staatsoper hören und sehen. Sein Wunsch, Sänger zu werden, erfüllte sich  mangels geringer stimmlicher Voraussetzungen nicht. Als  von der DDR – Regierung die Sicherung an der Ruine der Semperoper beschlossen wurde und die Dächer von Zuschauerraum und Bühnenhaus mit Stahlbindern abgedeckt wurden, arbeitete er  dort von 1953 bis 1954 als Montagearbeiter.  

Danach trat er ein Volontariat bei der Zeitung „Der freie Bauer“ an und war dort als Assistent und Hilfsredakteur tätig, zuletzt in der Kulturabteilung. Nach bestandener Sonderreifeprüfung studierte er von 1959 bis 1964 Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Während des Studiums lernte er Wolf Biermann kennen, gründete mit ihm das Arbeiter-und Studententheater. Nach dem Mauerbau fand er das Kino „Roxy“ im Prenzlauer Berg und animierte Biermann, dort ein Theater aufzubauen. Er wurde der Organisationsleiter und zusammen mit vielen freiwilligen Helfern entstand das Theater  b.a.t. Als Premiere  sollte Biermanns  Stück „Berliner Brautgang“ aufgeführt werden. Ebenso in der Regie von Benno Besson eine Revue „Mickspickel“ und das Stück „George Dandin“ von Moliere, Regie: Brigitte Soubeyran. Biermann zog  jedoch vor der Premiere nach Eingriffen von Funktionären das Stück zurück und animierte die Theaterleitung, mit ihm zusammen zurück zu treten, was auch geschah. Das  b.a.t – Ensemble fiel auseinander und das fertige Theater ging in den Besitz der Staatlichen Schauspielschule „Ernst Busch“ über.

Nach der Beendigung des Studiums arbeitete Ulrich Pietzsch von 1964 bis 1966 als Redakteur für die „Neue Berliner Illustrierte“, wo er in der neu gegründeten Abteilung Titelgeschichte innerhalb von einem  dreiviertel Jahr 13 große Beiträge einbringen konnte, unter anderem eine großangelegte „Bilderfahndung“ nach verloren gegangenen Kriegsverlusten von DDR – Museen, mit überraschenden Funden. Er wurde vom Ministerium für Kultur dafür ausgezeichnet. Im Ergebnis des 11. Plenums des ZK der SED 1965, wo ein Scherbengericht gegen Kunst und Kultur stattfand, wurde  die Abteilung Titelgeschichte, die viele kritische Untersuchungen zum DDR- Alltag veröffentlicht hatte, zerschlagen. Der Initiator Chefredakteur Hans Otten, der Abteilungsleiter Alfred Marquardt und der Redakteur Ulrich Pietzsch wurden fristlos entlassen, Begründung für ihn war seine Freundschaft mit Biermann. Ebenso traf es die Reporter Klaus Schlesinger und Jean Villain

Nach langer Krankheit gelang es Ulrich Pietzsch, als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Sektion für Ästhetik und Kunstwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität unterzukommen, wo er von 1967 bis 1976 auf den Gebieten Kulturgeschichte und Theaterwissenschaft forschte und arbeitete. Die Verteidigung seiner 1977 fertiggestellten Dissertation „Probleme der Besonderheit von Kunstsprache und Bildgestalt des Tanzes (unter Berücksichtigung des klassischen Tanzes)“ unterließ er aus Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns.

Zwei Monate nach diesem Ereignis wurde sein Vertrag an der  Humboldt-Universität nicht mehr verlängert.  Er war außerdem als Theaterkritiker für den Berliner Rundfunk, die Kulturwochenzeitung „Sonntag“und die Zeitschrift „Theater der Zeit“ sowie als Fernsehautor und Verfasser von Büchern tätig. Sein erstes Buch, „Feinde“, das die Inszenierungstechniken des Regisseurs Wolfgang Heinz dokumentierte, erschien 1969. 1970 heiratete Pietzsch Lydia Wolgina, ehemalige 1. Ballerina der Staatsoper Berlin, und betätigte sich danach im Themenbereich Ballett als Kritiker, Filmschaffender, Übersetzer und Herausgeber. Zusammen mit seiner Frau gab er Michail Fokins Memoiren „Gegen den Strom“ sowie „Selbstzeugnisses des Tanzes“ im Henschelverlag heraus.

Ab 1976 wirkte Pietzsch als autodidaktischer Bildermaler, entscheidend gefördert von seiner Ehefrau Lydia, die sein Talent entdeckt hatte. Er beendete seine Arbeit als Kritiker und lebte zurückgezogen in Wandlitz. Er malte Szenen aus seiner Umwelt, Genrebilder und Stillleben. Ab 1978 stellte er seine Werke aus, unter anderem in der Galerie Berlin des Staatlichen Kunsthandels der DDR und im Museum der agraren Produktivkräfte in Wandlitz. Danach innerhalb von 40 Jahren 80 Ausstellungen im In-und Ausland. 1982 beantragte er zusammen mit seiner Frau die Ausbürgerung aus der DDR, musste sein Haus am Wandlitzsee als Fluchtsteuer kostenlos über das Büro des Anwalts Wolfgang Vogel übergeben und reiste im gleichen Jahr in die BRD aus. Danach lebten sie im Bezirk Kreuzberg. Seine Frau gründete die „Russische Ballettschule Lydia Wolgina“, die sie bis 1988 leitete. Ab 1987 lebt das Ehepaar im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Pietzsch wirkte weiterhin als Maler und stellte regelmäßig aus. Außerdem schrieb er Erzählungen, Tagebücher und Gedichte.

Der umfangreiche Vorlas des Künstlerehepaars Lydia und Ulrich Pietzsch befindet sich seit 2018 im Archiv der Stiftung Stadtmuseum Berlin.

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