Ein Puppenspieler auf der Leinwand

Ausstellung in der Stadtbücherei Uelzen

…Der Maler Ulrich Pietzsch aus Waddeweitz macht sich mit seiner Malerei zum Außenseiter und Einzelgänger fern des so genannten Zeitgeists der Moden…In der Präsentation von Ulrich Pietzsch hängen zwei Dutzend Bilder so, als wären sie eben mal aus dem heimischen Wohnzimmer entführt worden.  Aber natürlich machen nicht nur die unterschiedlichen Formate und die verschiedenen Bilderrahmen die Wände bunt. Vor den Arbeiten Pietzschs stehend, beginnt eine Entdeckungsreise. Mal augenzwinkernd, meist heiter, ganz oft jedoch  mit bedenkenswerter zweiter Ebene hinter den Bildern.

Da wäre >Pole Poppenspäler<. Vielleicht das zentrale Thema des Künstlers? Geht es doch in der rührenden Novelle von Theodor Storm, die das Schicksal von Paul und Lisei erzählt, um das Verhältnis Künstlerschicksal und bürgerliche Welt schlechthin. Ganz anders jedoch, wie es später bei Thomas Mann ein Rolle spielt; denn bei Storm finden beide Welten zueinander. Ohne Vorurteile, in Harmonie.

Bei Ulrich Pietzsch sitze Pole Poppenspäler im Wohnzimmer mit seine Frau bei Kaffee und liest (bezeichnenderweise) die Zeitung >Das Volk<. Seine Marionetten sind um ihn versammelt und schauen zu. Holt sich der Künstler inzwischen seine Anregungen aus der Zeitung? Wohl kaum. Ist er fett und bequem geworden? Wenigstens sein Hund – überhaupt scheint es eine Affinität des

Künstlers zu diesem Nachfahr des Wolfs zu geben – guckt skeptisch, weil auf diese Art Welt nicht zu erfahren sein wird. Der Vierbeiner sieht aus,  als wolle er raus, auf und davon und – sein Herrchen mitnehmen in den frischen Wind Realität! …

Die Bilder Pietzschs sind von leuchtender Farbigkeit. Manchmal herb streng, in rigoroser Formverknappung, vehementer Linienführung. Sie bannen die Spontaneität des Augenblicks, erzählen, die Aussage auf den Punkt bringend, in einer Form, die nicht Natur ist, sondern Zeichen. Sie sind präsent und fragil gleichermaßen. Mit Übermut illustriert er die Titel der Arbeiten spitzzüngig  wörtlich. Wie in > Hilfe, der Hahn<, wo das Federvieh auf doppelte Menschengröße schwoll. Oder in >Rauchsalon<, übrigens aus dem Jahre 2006, dem Jahr der beginnenden allgemeinen Diskussion, wie schädlich die Qualmerei sei und der daraus folgenden Gesetze. Hier sitzen alle  und paffen. >Wir rauchen gern< verkündet ein Schild. Und keiner sieht krank aus. Sogar ein Hund(!)hält es  gelassen im Nikotinnebel aus. Ulrich Pietzsch hat eine Vorliebe fürs Spiel…Vielleicht stülpt sich auch der Künstler die Narrenkappe über, um alle Widrigkeiten auszuhalten.

Und noch eine Anmerkung: Während in der Kunst der letzten 60 Jahre die westlich dominierte Abstraktion den Bildern die Gesellschaftskritik austrieb, wenn >figürliche Malerei< meist abwertend gemeint war, so sollten wir doch nicht vergessen, dass genau diese Art der Malerei die menschlichste ist. Ulrich Pietzsch huldigt ihr. Auf den ersten Blick als Spaßmacher. Es bedarf  deshalb unbedingt eines  zweiten.

Barbara Kaiser

Internet >www.bartftgaans.de Link „Feuilleton im Netz< 2012

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